Sauvignon blanc, eine Standortbestimmung

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Sauvignon blanc ist eine Traubensorte, die nicht allen Leuten gefällt. Zuviel Frucht, zu aufdringlich, zu sauer. Dies alles sind Argumente, welche gegen die Sorte sprechen. Als Elternteil des Cabernet sauvignon kann der Sorte eine gewisse Wichtigkeit nicht abgesprochen werden. In gewissen Ländern, wie z.B. Neuseeland ist sie sogar immens wichtig. 80% der Weinexporte aus Neuseeland entfallen auf die Sorte.

Welles Reserve 2008 Weingut Lackner-TinnacherNun, wie degustiert sich die Sorte und vor allem, wie gefällt sie? Dazu habe ich im Jahr 2012 eine Auswahl an Sauvignon blanc-Weinen aus der ganzen Welt zusammen gestellt und wir haben die Weine in einer grösseren Gruppe blind degustiert. Die Resultate dieser Degustation können hier eingesehen werden. Schon damals haben wir festgelegt, dass alle Weine drei Jahre später nochmals degustiert werden sollen, um aufzuzeigen, ob die Lagerung eine Änderung in der Qualität und Rangfolge der Weine ergibt. Am Sonntag, 19. April 2015, war es nun soweit, die fast identischen 10 Personen haben die Weine erneut blind degustiert und bewertet. Das Resultat führte zu einer Bestätigung der Resultate von vor drei Jahren. Zumindest was die Sieger anbelangt. Gewinner sowohl der Degustation im Jahr 2012, wie auch am Sonntag war der Sauvignon blanc Welles Reserve 2008 des Weingutes Lackner-Tinnacher. Er hat bemerkenswerter Weise auch wieder die Durchschnittspunktzahl von 17.9/20 erreicht.

Mein Kommentar: Sehr reife Noten von Cassis und Stachelbeeren, Anklänge von Holz, etwas Botrytistöne, sehr dichter, voller Antrunk, vielschichtig,  komplex, immens konzentriert, hocharomatisch, sehr langer mineralischer Abgang, ein grandioser, absolut jugendlicher Wein, dem aber die Sortentypizität etwas abgeht. 19/20 2015 – 2028Tement Zieregg 2008

Die Welles Reserve wird nur in sehr guten Jahren erzeugt, der nächste Jahrgang wird 2011 sein, der Wein ruht aber noch im Fass. Ich habe eine Fassprobe an der Prowein degustiert und mit 18.5/20 bewertet. Der Preis dürfte deutlich tiefer liegen, als die CHF 94.50, welche damals für den Jahrgang 2008 bezahlt werden mussten.

Auf Rang 2 klassiert wurde in beiden Degustationen der Sauvignon blanc Zieregg 2008 vom Weingut Tement ebenfalls aus der Steiermark. Auch dieser Wein erzielte zweimal die gleiche Punktzahl 17.4/20.

Mein Kommentar: Typische Noten von Cassis und Stachelbeeren, dezente Röstaromen, vielschichtig, weicher, dichter Antrunk, Holzaromen noch deutlich spürbar, sehr viel Frucht, komplex, gut stützende Säure, langer, mineralischer Abgang, hat noch Potential für viele Jahre. 17.5/20 2015-2023

Baron de L 2006Der Wein auf Platz 3, mit 16.7/20 Punkten, hat mich mit der Loire und dem Produzenten versöhnt. In der Degustation 2012 hatte sich der „Baron de L. 2005“ sehr schlecht präsentiert, diesmal übrigens auch. Aber, und dies hat mich sehr gefreut, der Jahrgang 2006 wurde Dritter. Dabei muss sich der Produzent vorwerfen lassen, dass die Jahrgangsunterschiede immens sind. Dies sollte bei einem Wein dieser Preisklasse nicht vorkommen.

Mein Kommentar: Jugendliche Noten, Blütendüfte, Holunder, dezent vom Holz unterstützt, fruchtiger, frischer Antrunk, hochelegant, das Holz ist gut eingebunden, der Wein ist viel schlanker als die steirischen Weine, aber von einer tollen Harmonie und Vielschichtigkeit, langer, mineralisch-frischer Abgang. 17/20 2015-2021

Ich möchte nicht alle Weine detailiert beschreiben, aber der Wein auf dem vierten Platz scheint mir erwähnenswert. Platz 4 mit 16.6/20 Punkten belegt der Hasenbergler Sauvignon blanc 2010 von Susi Wehrli aus Küttigen im Aargau. Den Wein habe ich 2012 ausgewählt, weil er 2011 von der Jury der Weinprämierung „La Sélection“ zum „Weisswein des Jahres“ gekürt wurde. Da der Wein reissenden Absatz gefunden hat, konnte ich nur noch 50cl Flaschen kaufen. Die Bewertung bezieht sich somit auf dieses kleine Flaschenformat.Hasenbergler 2010

Mein Kommentar: Üppige, frische Sauvignon blanc-Noten, Cassis, dezent Spargel, viel Frucht, am Gaumen frisch und sehr dicht, viel Fruchtsüsse, gut stützende Säure, intensiv und lang, ein sehr ansprechender, jugendlicher Sauvignon blanc, noch erfreulich frisch und munter und dies alles zu einem Preis von damals CHF 11.60 für 50cl! 16.5/20 trinken – 2018

Was wäre eine Sauvignon blanc-Degustation ohne Weine aus Neuseeland, auf Platz 5 mit 16.5/20 Punkten liegt auch der erste Überseewein. Der Sauvignon blanc 2009 vom Weingut Churton in Marlborough. Mehr zu diesem Weingut werde ich demnächst an anderer Stelle berichten. Es war eines der Güter, die ich auf meiner Australien/Neuseelandreise besucht habe.

Die komplette Liste der degustierten Weine und ihre Bewertung sind hier zu finden.

Die Degustation hat gezeigt, dass Weine aus der Sorte durchaus Entwicklungspotential haben, bei den wirklich hochklassigen Weinen muss man feststellen, dass sie meist viel zu jung getrunken werden. Dass die Weine aus der Steiermark die ersten Plätze belegen erstaunt mich nicht, die Sorte ist dort seit vielen Jahren heimisch und die Produzenten haben gelernt die Lagenunterscheide gut herauszuarbeiten. Die Weine sind deutlich korperreicher als diejenigen aus der Loire, was besser gefällt ist eher eine Stilfrage. Auf jeden Fall kann man sich auf hochklassige Weine aus sehr vielen Gegenden der Welt freuen, die Stilunterscheide können auch im gleichen Anbaugebiet sehr gross sein, probieren geht somit über studieren.

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